F. von Schirach – Tabu
September 15th, 2013 | Published in Allgemein, Buchtipp
Der Fotograf und Installationskünstler ist angeklagt, eine Frau ermordet und die Leiche spurlos entsorgt zu haben. Doch zunächst wird das Leben des Tatverdächtigen dargestellt und der Leser erfährt über Kindheit und Jugend des Angeklagten.
Ein maroder Landsitz an einem bayerischen See, man trudelt der Pleite entgegen. Die Adelsfamilie ist kraftlos und ausgelaugt – eine gefühlskalte Pferdenärrin als Mutter, ein trunksüchtiger Jäger als Vater, ein kaltes Internat in den Schweizer Bergen, in das man den Knaben steckt. Der Junge ist Synästhetiker, das heißt, er sieht und empfindet Gegenstände und Menschen in einem jeweils nur ihm sichtbaren Farbkleid. Die Haut des Vaters ist grünblau, die der Mutter farblos. Nach dem Abitur geht Eschburg nach Berlin, wird von einem berühmten Fotografen ausgebildet. Schon mit 25 Jahren ist er etabliert, porträtiert die Reichen und Schönen, ist Spezialist für Aktfotografie. Über die Erlebnisse seiner Jugend kommt er nicht hinweg. Auch nicht, als er anfängt, mit pornographischen Inszenierungen – etwa einer Variation auf Goyas nackte und bekleidete Maja – seiner Welt die Wahrheit zu entreißen.
Nun soll er ein Mädchen ermordet haben. Es gibt jedoch keine Leiche. Beim Verhör wird ihm Folter angedroht, woraufhin er ein Geständnis ablegt. Aufgeklärt wird der Fall durch einen ewig schlecht gelaunten Anwalt.
Tabu ist ein Roman mit lauter Tabuverletzungen und einem überraschenden Ende. Schuld, Verbrechen und Strafe ist das Thema auch in diesem – wie ich meine – großartigen Roman von Ferdinand von Schirach. (Barbara Ter-Nedden)