Unter der Moderation von Denis Scheck liest Florian Illies aus seinem neuem Buch über die Familie Mann. 1933 spitzt sich die Lage in Europa zu: Thomas, Katia und ihre sechs Kinder landen nach ihren abenteuerlichen Fluchten aus der Heimat durch puren Zufall am südfranzösischen Mittelmeer, in Sanary-sur-Mer. 1933 wurde es zum zum ersten Exilort für viele Intellektuelle, deren Flucht oft überstürzt verlief. Die Nationalsozialisten hatten beispielsweise bereits das Haus der Feuchtwangers in Berlin zerstört. Persönlichkeiten wie Brecht (mit Grete Steffin), Eva Herrmann, Arnold und Beatrice Zweig waren unter den Ankömmlingen, die sukzessive in die Handlung eingeführt werden.
Der drohende politische Umbruch vermengt sich mit den Schicksalen einer Familie: das Leben im Exil als Literat, innere Streitereien und die Zurückhaltung Manns, sich entschieden von den Nazis zu distanzieren bilden ein Porträt »zwischen Weltbedeutung und Entwurzelung« (Frankfurter Rundschau). Auch durch Illies Bezug auf eine stabile Quellenlage und unveröffentlichte Tagebücher kommen wir Thomas Mann, seiner Familie und ihrer Trauer um den Verlust der Heimat sehr nahe, ihrer Wehmut und dem trotzigen Überlebenswillen, obwohl die alte Welt einzustürzen droht und nicht zuletzt von der großen Zerreißprobe zwischen Klaus und Erika Mann und ihrem Vater.
Wenn die Sonne untergehtEin Ort, eine Familie, drei Monate bei dreißig Grad – »Wenn die Sonne untergeht« ist eine große Familienaufstellung: Kaum im unsicheren südfranzösischen Exil angekommen, will Thomas Mann eigentlich sofort wieder zurück in seine edle Münchner Villa. Sein Bruder Heinrich hingegen genießt die Freiheit des Südens. Dazwischen die sechs Kinder von Thomas und Katia: Der eine, Michael, spielt Tag und Nacht Geige, der zweite, Klaus, gründet eine Exil-Zeitschrift, die dritte, Elisabeth, badet und genießt die Zeit ohne Schule. Erika, die älteste, führt Regie und schmuggelt den Besitz der Manns aus München über die Grenze, Golo holt das Geld von den Konten und versorgt den vergessenen Hund. Und Monika? Sie bleibt einfach am Strand von Sanary liegen.

© Boris Breuer

© Andreas Hornoff
Denis Scheck, geboren 1964 in Stuttgart, lebt heute in Köln. Bereits im Alter von 13 Jahren gründete er eine eigene literarische Agentur. Als literarischer Übersetzer und Herausgeber engagierte er sich für Autoren wie Michael Chabon, William Gaddis und David Foster Wallace, Antje Strubel und Judith Schalansky. Lange arbeitete er als Literaturkritiker im Radio, heute ist er Moderator der Fernsehsendungen „Lesenswert“ im SWR und „Druckfrisch“ in der ARD.