Der israelische Soziologe Natan Sznaider spricht in der Parkbuchhandlung über jüdisches Leben zwischen Anpassung und Autonomie und stellt sein neues Buch »Die jüdische Wunde« vor.
Die Deutschen lieben Nathan. Doch Lessings Bühnenfigur konnte die Hoffnung, dass es eines Tages keine Rolle mehr spielen würde, ob jemand Jude sei, nicht erfüllen. Und als Hannah Arendt 1959 den Lessing-Preis entgegennahm, sprach sie sich in ihrer Dankesrede ausdrücklich gegen diese Idee der Assimilation aus, die am Ende zum Verschwinden jüdischer Identität führen würde. Das jüdische Dilemma zwischen Anpassung und Autonomie konnte seit der Aufklärung nicht aufgelöst werden – auch der Staat Israel steht in dieser Spannung zwischen säkularer und religiöser Identität. Natan Sznaider ist überzeugt, dass dieser Widerspruch nie verschwinden wird. Was spricht dagegen, ihn zu akzeptieren und anzuerkennen, dass wir immerhin als Ungleiche gleich sind?
Natan Sznaider ist ein israelischer Soziologe. Er wurde 1954 in Mannheim als Kind von aus Polen stammenden staatenlosen Überlebenden der Shoah geboren. Im Alter von 20 Jahren ging er nach Israel und arbeitete zunächst in verschiedenen Kibbuzim. Später unterrichtete er an der Akademischen Hochschule in Tel Aviv. Natan Sznaider war von Juli bis September 2022 auf Einladung von Michael Brenner (LMU) Visiting Fellow am Center for Advanced Studies der LMU München (CAS). Von März bis Juni 2023 forschte er als Senior Fellow am IFK in Wien. Von Mai bis Juni 2024 war Sznaider als Gastforscher am Hamburg Institute for Advanced Study.