Michail Bulgakows Novelle besitzt auch 100 Jahre nach ihrer Entstehung politische und gesellschaftliche Sprengkraft. Herzblut der Erzählung war der Verlust individueller Freiheiten unter dem Einfluss der kommunistischen Ideologie – so wie heute unter Putin die demokratischen Prinzipien und die individuelle Freiheit empfindlich eingeschränkt werden. Der Schauspieler Mark Zak liest die zynische Satire aus der Neuübersetzung des Klassikers. Die beiden Violinisten Ulf Schneider und Moritz Ter-Nedden gestalten den Abend mit Geigenduos.
Moskau am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Der »russische Faust« – Michail Bulgakows zweites Meisterwerk endlich neu übersetzt und ab jetzt wieder in Einzelausgabe erhältlich
Es gibt Geschichten, deren Sprengkraft ist einfach zu groß. Michail Bulgakows Novelle Das hündische Herz entstand schon 1925, aber sie konnte erst 1968 gedruckt werden – und auch damals nicht in Bulgakows Heimatland, sondern in einer russischen Exilzeitschrift in Deutschland.Warum? Ein genialer Chirurg nimmt einen Straßenköter bei sich zu Hause auf und schafft aus ihm den »neuen Menschen« – er pflanzt ihm Hirnanhangsdrüse und Hoden eines schmierigen Kleinkriminellen ein.Der zum kommunistischen Genossen mutierte Tiermensch erweist sich aber bald nicht nur als echter Widerling: gewissen- und verantwortungslos wie er ist, wird er zur Gefahr für alle. Er bleibt Tier, freilich in Menschengestalt, und erst die gewaltsame Rückoperation kann die Gesellschaft retten. Ein Text, böse und bissig wie kaum ein zweiter, schillernd vieldeutig und grandios geschrieben.
Dergleichen wollte man in einem Land, in dem man den »Neuen Menschen« propagierte und das Volk zur Macht erklärte, nicht zulassen. Bis heute wird der vielschichtige Meistertext als Parabel auf russische Verhältnisse gelesen – doch freilich ist er noch mehr: Wie Goethes Faust oder Mary Shelleys Frankenstein ist Bulgakows Novelle eine zeitlose Parabel auf die Widersprüche und Verwerfungen der conditio humana.
Mark Zak, Schauspieler und Autor, wurde 1959 in Lwiw (Lemberg) geboren, wuchs in Odessa auf und kam 1974 mit seiner Familie aus der UdSSR nach Westdeutschland. Er lebt heute in Köln.
Zak hat in über hundert deutschen und internationalen Filmen mitgewirkt, unter anderem in »Bridge of Spies« (R. Steven Spielberg), »The Tourist« (R. Florian Henckel von Donnersmarck), »Sperling und der brennende Arm«, »Hotte im Paradies« (R. Dominik Graf) und »Bang Boom Bang« (R. Peter Thorwarth).
Ulf Schneider studierte in Hannover, New York und Berlin bei Jens Ellermann, Felix Galimir, Masao Kawasaki und Thomas Zehetmair. Weitere künstlerische Impulse von Hatto Beyerle, Eberhard Feltz, Nicolaus Harnoncourt und Sir Roger Norrington bereicherten und prägten seine Studienzeit.
Er ist ein gern gesehener Gast bei vielen Festivals, wie dem Rheingau Musik Festival, dem Schleswig-Holstein Festival, dem Mecklenburg-Vorpommern Festival, dem Musikfest Berlin, dem Mozartfest Würzburg, den Festspielen Baden-Baden, den Ludwigsburger Festspielen, dem Heidelberger Frühling, dem Kissinger Sommer, den Niedersächsischen Musiktagen, dem Stuttgarter Musikfest, dem Edinburgh Festival, dem Beethovenfest Bonn und der Schubertiade Schwarzenberg.
Der Geiger Moritz Ter-Nedden gehört zu einer Generation von herausragenden jungen Musikern, die neue Wege in der klassischen Musik beschreiten. Nach dem Studium in Detmold bei Thomas Christian und Hannover bei Ulf Schneider und Oliver Wille führte ihn seine künstlerische Neugier zu einer Vielzahl von musikalischen Projekten: Er wurde mit dem Boris Pergamenschikow Preis zur Vermittlung neuer Musik ausgezeichnet, spielt regelmäßig Uraufführungen neuer Werke und arbeitet unter anderem mit Helmut Lachenmann, Kaan Bulak, Max Andrzejewski und Benjamin Scheuer zusammen.
Als Konzertmeisters spielt und konzipiert er Projekte mit dem Orchester im Treppenhaus, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, neue Konzertformate zu entwickeln und an ungewöhnlichen Spielorten klassische Musik einem jungen Publikum zu präsentieren. Sein musikalischer Fokus liegt vor allem auf der Kammermusik, viele Jahre spielte er im Daphnis Quartett und gründete 2019 das Trio Solaris. Erspielt eine Violine von Joseph Gagliano aus dem Jahr 1789.