Mit Übersetzer Stefan Weidle
»Mathilda« von Mary Shelley hat eine interessante Veröffentlichungs- und Deutungsgeschichte: Eine Reinschrift, die Shelley ihrem Vater William Godwin schickte, ging verloren; in Kleinarbeit wurde der Roman aus den Notizbüchern in den Archiven rekonstruiert und 1959 erstmals veröffentlicht. Dank Stefan Weidle liegt nun eine erste deutsche Übersetzung der Geschichte vor. Lange wurde der Text autobiografisch verstanden, Weidle deutet ihn, wie auch die moderne Literaturwissenschaft, eher als Werk der Fiktion mit autobiografischen Bezügen. Interessant ist der exaltierte Stil des Affekt-Überschwangs, der hervorragend von Weidle übersetzt wurde. Klaus Weise liest Textpassagen aus dem Buch, die Moderation übernimmt Barbara Weidle.
Die junge Mathilda wächst nach dem Tod ihrer Mutter einsam und ohne Zuwendung auf. Erst als ihr Vater aus seinem selbst auferlegten Exil zurückkehrt, wagt sie, auf Glück zu hoffen. Doch nach wenigen gemeinsamen Wochen legt sich ein Schatten über die Beziehung der beiden, und Mathilda droht in einen noch tieferen Abgrund zu stürzen …
Mary Shelley schrieb mit »Frankenstein« einen wegweisenden Roman der Schwarzen Romantik. Auch in dem nachfolgenden Werk »Mathilda«, das erst über hundert Jahre später posthum veröffentlicht wurde, verarbeitete sie Themen wie Obsession, Empfindsamkeit und die Erhabenheit der Natur.