2014 gründete Sebastian Guggolz seinen eigenen Verlag mit dem Anspruch, zu Unrecht vergessene Autorinnen und Autoren aus Regionen, die nicht im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stehen, auf der literarischen Landkarte wieder sichtbar zu machen. Zusammen mit dem Übersetzer Maximilian Murmann stellt Sebastian Guggolz seine jüngste Entdeckung vor: die finnische Autorin Eeva-Liisa Manner (1921−1995), die mit ihrem Roman »Das Mädchen auf der Himmelsbrücke« die literarische Moderne in den 1950er Jahren nach Finnland brachte.
Die neun Jahre alte Leena streift einsam durch die Straßen von Viipuri, die damals noch finnische Stadt in Karelien, die später im sogenannten Winterkrieg von der Sowjetunion eingenommen wurde. Leena wächst bei ihrer Großmutter auf, die Mutter ist nur wenige Tage nach der Geburt gestorben. Von der unverständigen Lehrerin wird sie vor der Klasse vorgeführt, zu Hause bei der Großmutter findet sie keinen Halt – als Leena, von verführerischen Orgelklängen angezogen, in der katholischen Hyazinthenkirche das erste Mal mit Musik von Bach in Berührung kommt, erfährt sie eine so starke Erschütterung, dass ihr Leben nicht mehr bleiben kann wie zuvor.
Eeva-Liisa Manner (1921–1995) ist heute vor allem als die Dichterin bekannt, die in den 1950er Jahren die Moderne nach Finnland brachte. 1951 schrieb sie einen Roman, der auf ihren Kindheitserinnerungen basiert. »Das Mädchen auf der Himmelsbrücke« ist eine tieftraurige, beglückende Erzählung über ein Mädchen, das sich allein gelassen und unverstanden fühlt und der Welt abhandengekommen ist: eine Erzählung voller magisch anmutender sprachlicher Schönheit, geprägt von existenziellem Schmerz und überwältigendem Einfühlungsvermögen.
Maximilian Murmann findet in seiner Übersetzung für das kindliche, zweifelnde Innenleben Leenas ebenso die richtigen Worte wie für die atmosphärischen Streifzüge durch die karelische Ostseestadt und die Offenbarung in der Musik. Tröstende Antworten auf die Fragen des Lebens liegen nicht in der Logik unseres Verstands, sondern im poetischen Raum von Kunst und Musik.
Sebastian Guggolz hat Kunstgeschichte, Germanistik und Volkskunde studiert, arbeitete ab 2006 als Lektor bei Matthes & Seitz und konnte sein eigenes Verlagsprojekt mit dem Gewinn von 250.000 Euro bei einer ZDF-Quizshow anschieben.