»In Deutschland leben rund 80.000 gehörlose Menschen, etwa 250.000 nutzen die Deutsche Gebärdensprache. Sie kämpfen bis heute Sie kämpfen bis heute für eine volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, im Bildungssystem, im Arbeitsleben und der Medizin. Besonders in Familien mit hörenden Eltern wird Kinder oft früh ein Cochlea-Implantat eingesetzt, eine Hörprothese, die die Hörbahn elektrisch stimuliert, um das Hörvermögen wiederherzustellen. Dadurch bleibt der Zugang zur Gebärdensprache häufig aus und damit die Chance, Teil der gehörlosen Community zu sein. Oft fehlt das Bewusstsein für die kulturelle Identität der Gehörlosengemeinschaft. Ist Gehörlosigkeit eine medizinische Einschränkung oder eine kulturelle Zugehörigkeit? Sara Nović´ Roman „Klartext“ greift diese Fragestellung auf.

Er spielt in der amerikanischen Gehörlosenschule „River Valley“, in die die 15-jährige Charlie wechselt. Sie hat nur eingeschränkt funktionierende Cochlea-Implantate. Charlie hört zu wenig, um sich in die Welt der Hörenden einzufügen. Doch Gebärdensprache hat sie nie gelernt. In der neuen Schule begegnet sie Austin, Sohn einer gehörlosen Familie in fünfter Generation. Als dessen kleine Schwester hörend zur Welt kommt und sein hörender Vater sich stärker dem neuen Kind zuwendet, gerät Austins bisher stabiles Selbstbild ins Wanken. Auch die Schulleiterin February, eine CODA, ein hörendes Kind gehörloser Eltern, steht unter Druck: Die Schule soll geschlossen werden. Als mehrere Schüler verschwinden, darunter Charlie und Austin, spitzen sich persönliche wie gesellschaftliche Konflikte zu.

Sara Nović ist selbst gehörlos und macht die Lebensrealität gehörloser Menschen in ihrem Buch spürbar. Sie erzählt nicht vom Leid „trotz“ Gehörlosigkeit, sondern von den Schäden, die entstehen, wenn eine Gemeinschaft übergangen und ihre Sprache unterdrückt wird. Besonders interessant sind die bildlichen Gebärdensprachlektionen zwischen den Kapiteln, die Einblicke in die amerikanische Gebärdensprache geben. Schade nur, dass die deutsche Ausgabe keine Ergänzung zur Deutschen Gebärdensprache enthält.«

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