Der Roman „Tiefer Winter“ spielt 1980 in Wyalusing, einem wohl gottverlassenen Nest in Pennsylvania. Jeder kennt jeden, und wer etwas aus seinem Leben machen will, sollte besser gleich nach dem Schulabschluss verschwinden. So jedenfalls stellt Samuel W. Gailey dies dar. Als in diesem abgelegenen Ort ein brutaler Mord geschieht, scheint der Fall zunächst eindeutig. Der Deputy findet den 40-jährigen Danny neben der Leiche sitzend, als würde er darauf warten, dass sie wieder aufwacht. Danny, ein körperlich imposanter Mann mit dem Verstand eines Kindes, passt in das Bild eines Schuldigen.

Als Danny in der eisigen Winternacht flieht, ist für die meisten klar: Er muss es gewesen sein. Eine gnadenlose Hetzjagd beginnt. Doch Gaileys Buch ist weit mehr als ein gewöhnlicher Krimi. Es ist eine düstere Momentaufnahme Amerikas, beklemmend und erschütternd glaubwürdig beschrieben. Der Autor zeichnet das Porträt einer Gesellschaft, in der Vorurteile, Gewalt und Ausweglosigkeit allgegenwärtig sind. Themen wie Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, Mobbing und sexuelle Gewalt werden ungeschönt und eindringlich behandelt.

Dabei wird gezeigt, wie schnell eine Gemeinschaft in Selbstjustiz und Hass abrutschen kann, besonders in einer Gesellschaft, in der jeder eine Waffe trägt. Der Sheriff, einer der wenigen an Gerechtigkeit Interessierten, steht einem System gegenüber, das von Angst, Misstrauen und Gewalt vergiftet ist. „Tiefer Winter“ ist ein fesselnder, tiefgründiger Krimi, schonungslos in seiner Sprache, bedrückend in seiner Atmosphäre und eindrucksvoll in seiner Botschaft. Ein Buch das unter die Haut geht und zum Nachdenken anregt.

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