„Die isländische Literaturszene ist für ein kleines Land erstaunlich groß und bedeutungsvoll. Als wir im vergangenen Jahr unseren deutsch-isländischen Stadtschreiber Kristof Magnusson in sein Bad Godesberger Domizil brachten, zeigte er meiner Kollegin und mir augenzwinkernd einen isländischen Zeitungsartikel über die zehn bestaussehendsten Schriftsteller des Landes und merkte an, dass es so etwas in Deutschland wohl nie geben würde. Rund 1500 neue Bücher erscheinen jährlich in Island, etwa 70 Autorinnen und Autoren leben ausschließlich vom Schreiben. Im PISA-Vergleich der gerne lesenden Schülerinnen und Schüler liegt Island regelmäßig unter den Spitzenländern.

Auch Auður Ava Ólafsdóttirs Protagonistin Alba ist Teil dieser Literaturszene. Sie arbeitet freiberuflich als Korrektorin für verschiedene Verlage, hauptberuflich jedoch als Dozentin für aussterbende Sprachen. Mit ihr tauchen wir in die Feinheiten der isländischen Linguistik ein. Auf zahlreichen internationalen Konferenzen, die oft an den Schauplätzen des sprachlichen Verschwindens stattfinden, vertritt sie häufig gemeinsam mit einem färöischen Kollegen die kleinste Sprache des Treffens. Nach einem Skandal an der Universität und wachsender Sorge um den Klimawandel beschließt Alba, ihr Leben zu verändern. Sie kauft ein abgelegenes Stück Land und zieht dorthin, um Bäume zu pflanzen.

Ein schwieriges Vorhaben in der kargen isländischen Landschaft. Trotz der Abgeschiedenheit findet sie schnell Anschluss im Dorf, beginnt Geflüchteten Isländischunterricht zu geben und freundet sich mit dem Waisenjungen Danyel an. Ólafsdóttir hat einen ruhigen, atmosphärischen Roman geschrieben, der das Aussterben von Sprachen mit dem Verschwinden der Arten verbindet. Sie stellt die Frage, ob individuelles Engagement Sinn ergibt, wenn die Aufgabe so groß erscheint, und beantwortet sie mit leiser Zuversicht: Jeder kann mit anpacken und sein eigenes kleines Stück Eden erschaffen.“

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